Geflüchtete werden anscheinend auf dem deutschen Arbeitsmarkt systematisch benachteiligt. Dies geht indirekt aus dem Kurzbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Die Benachteiligung bezieht sich sowohl auf die Gehaltshöhe sowie die Tätigkeit.
Nur 1.660 Euro in den ersten Jahren
So betrug das Gehalt eines Vollzeittätigen nur 2.037 Euro brutto! Und das auch nur, wenn er bereits sechs Jahre in Deutschland war. In den ersten beiden Jahren nach Ankunft lag das Gehalt bei 1.660 Euro brutto! Geflüchtet verdienen damit deutlich weniger als andere.
Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag das Gehalt aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitkräfte durchschnittlich bei 3.427 Euro. Geflüchtete verdienten dementsprechend nur 59 Prozent bzw. 48 Prozent des Durchschnittsgehaltes, das in Deutschland gezahlt wurde. Das wäre dann sogar ein Armutslohn! (in den ersten beiden Jahren nach Ankunft; siehe hierzu Mindestlohn in Deutschland).
Ab dem siebten Jahr fällt das Gehalt wieder deutlich
Hinzu kommt, dass das Gehalt ab dem siebten Jahr wieder deutlich auf 1.873 Euro fällt! Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass es bei den Geflüchteten massive Verschiebungen beim Anforderungsniveau gab. So wurden beispielsweise im sechsten Jahr 30 Prozent als Helfer eingesetzt. Ab dem siebten Jahr waren es dann 41 Prozent.
Aber nicht nur bei der Gehaltshöhe scheint eine systematische Benachteiligung stattzufinden, sondern genauso beim Anforderungsniveau:
Vor dem Zuzug nach Deutschland haben nur 13 Prozent der Geflüchteten als Helfer:innen gearbeitet. Nach dem Zuzug sind es dann bis zu 45 Prozent. Viele mussten also ihre Tätigkeit als Facharbeiter:in aufgeben und werden in Deutschland unter Qualifikation beschäftigt. So viel zum Thema Fachkräftemangel und warum viele qualifizierte Arbeitskräfte Deutschland mittlerweile meiden.
Über 85 Prozent gut qualifiziert
Die meisten Geflüchteten kommen gut qualifiziert zu uns: 66 Prozent als Fachkraft, 6 Prozent als Spezialist:in und 15 Prozent als Experten. Doch als Spezialist:innnen (2 Prozent) oder Expert:innen (4 Prozent) werden nur die wenigsten eingesetzt.
Hier zeigt sich in der Tendenz das gleiche Bild wie bei Zeitarbeitnehmer:innen. Auch in der Zeitarbeit werden die Menschen massenhaft unter ihrer Qualifikation eingesetzt. Und auch dort wird ein spürbar schlechteres Gehalt gezahlt.
Einige Fragen bleiben offen
Insofern wäre der Anteil der Zeitarbeitnehmer:innen unter den Geflüchteten sehr interessant gewesen. Genauso offen bleibt – gerade beim Anforderungsniveau – warum die veröffentlichten Zahlen sich alle in einer engen Spannweite bewegen mit Ausnahme des sechsten Jahres des Zuzuges. Hier weichen die Zahlen alle deutlich von den übrigen Jahren ab. So arbeiteten beispielsweise immer zwischen 41 bis 45 Prozent als Helfer:innen. Nur im sechsten Jahr waren es dann plötzlich und einmalig nur 30 Prozent.
Hinweis zu den Zahlen des IAB: Die Zahlen stammen aus einer Längsschnittbefragung des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP). Betrachtet wurden 8.799 Geflüchtete im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre), die seit 2013 zugezogen sind (gut 22.000 Personen-Jahr-Beobachtungen). Die Analysen zur Befragungswelle 2021 beziehen 2.193 Personen ein.
Die Bruttomonatsentgelte wurden deflationiert auf das Basisjahr 2020. Angegeben ist jeweils das Mediangehalt.
Quelle: Kurzbericht Nr. 13/2023 des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)