Mindestlohn: Deutschland weiterhin schlecht im internationalen Vergleich

Mit einem Kaitz-Index von 46 Prozent schneidet Deutschland beim Mindestlohn weiterhin sehr schlecht ab. Im internationalen Vergleich liegt die BRD damit auf Platz 16 von 19 Ländern im Jahr 2018. Der Kaitz-Index misst den relativen Wert des Mindestlohns. Und gibt dabei an, wie viel Prozent des Median-Lohnes verdient wird. Somit lässt sich einordnen, wie weit entfernt der Mindestlohn vom „Durchschnittslohn“ liegt.

Ein Beispiel Im Land xy beträgt der Mindestlohn 10 Euro/Stunde und der Median-Lohn 20 Euro/Stunde. Dann beträgt der Kaitz-Index 50 Prozent (10 Euro geteilt durch 20 Euro mal 100 oder allgemein ausgedrückt: Mindestlohn geteilt durch Median-Lohn mal 100). In diesem Beispiel verdient die Person somit 50 Prozent des Median-Lohnes (50 Prozent von 20 Euro/Stunde). Bei einem Kaitz-Index von unter 50 Prozent, kann man von einem nicht existenzsichernden Armutslohn ausgehen.

Quelle: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI), Policy Brief Nr. 42, 06/2020 – Grafik: Faire Arbeit e.V.

Während der Unterschied des Kaitz-Indexes zwischen Deutschland und Großbritannien im Jahr 2015 nur 1 Prozentpunkt betrug, lag er drei Jahre später um 9 Prozentpunkte auseinander (Diagramm). Dabei war die Entwicklung gegenläufig: Großbritannien konnte sich um 6 Prozentpunkte steigern, Deutschland verlor auf sehr niedrigen Niveau weitere 2 Prozentpunkte.

12 Euro Mindestlohn machbar, aber zu wenig

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) hält eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro für machbar, ohne dass dadurch Arbeitsplätze verloren gehen. Allerdings sind 12 Euro/ Stunde mittlerweile viel zu wenig. Bei Alleinstehenden würde ein Mindestlohn von 12 Euro/ Stunde in den meisten Städten so gerade eben reichen, um aus dem Hartz4-Bezug trotz Vollzeitarbeit herauszukommen (WSI, S. 13).

Alleinerziehende mit einem Kind bleiben im Jahr 2020 mit 12 Euro selbst bei Vollzeit-Arbeit(!) in zehn Groß-Städten auf Hartz4-Leistungen angewiesen (WSI, S. 13). Um dort aus den Hartz4-Bezug zu kommen, müsste man beispielsweise in Düsseldorf und Hamburg über 13 Euro/ Stunde, in Köln und München über 15 Euro/ Stunde verdienen.

Unterschiedlicher Kaitz-Index beim WSI und Destatis

Nach dem Statistischen Bundesamt (Destatis) haben 1,4 Millionen Menschen im April 2019 den Mindestlohn erhalten. Von der Mindestlohnerhöhung auf 9,19 Euro/Stunde im Januar 2019 profitierten knapp 2 Millionen Menschen. Trotzdem mussten immer noch über eine halbe Millionen Beschäftigte – rechtswidrig – für weniger als 9,19 Euro/Stunde arbeiten.

Destatis kommt im Jahr 2018 auf einen geringeren Kaitz-Index als das WSI. Nach dem Statistischen Bundesamt lag dieser bei nur 40 Prozent! Die Unterschiede resultieren vermutlich aus einem unterschiedlichen Datenpool und Methodik.

Quelle: 1) Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI), Policy Brief Nr. 42, 06/2020

2) Pressemitteilung Nr. 238 vom 29.06.2020

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