Wie hoch ist der monatliche Mindestlohn?
Der monatliche Mindestlohn hängt von der Summe der gearbeiteten Stunden im Monat ab (siehe nachfolgende Punkte) und ist deshalb von Person zu Person unterschiedlich.
Der Mindestlohn pro Stunde beträgt 9,19 Euro brutto im Jahr 2019.
Im Jahr 2020 steigt er auf 9,35 Euro brutto je Stunde.
Mindestlohn-Erhöhungen:
Ab Januar 2021: 9,50 €
ab Juli 2021: 9,60 €
ab Januar 2022: 9,82 €
ab Juli 2022: 10,45 €
ab Oktober 2022: 12,00 €
alle Angaben in brutto je Stunde
In welchen Branchen gibt es einen Branchen-Mindestlohn?
Es gibt in Deutschland nicht nur den „einen“ Mindestlohn. Es gibt weitere „Mindestlöhne“ (z.B. aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes). In folgenden Branchen gilt ein (höherer) Branchen-Mindestlohn:
– Pflegebranche
– Dachdeckerhandwerk
– Elektrohandwerk
– Gebäudereinigerhandwerk
– Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk
– Geld- und Wertdienste
– Gerüstbauerhandwerk
– Leiharbeit/Zeitarbeit
– Maler- und Lackiererhandwerk
– Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB 2/SGB 3
Übernommen vom Zoll-Online und der Hans-Böckler-Stiftung.
Die jeweilige Höhe der Löhne aus vorgenannten Branchen finden Sie hier.
Wie rechnet man den gesetzlichen Mindestlohn richtig aus?
1. Mindestlohn ausrechnen
Ihre gearbeiteten Stunden im Monat x 9,50 Euro =
Ihr monatlicher Mindestlohn
Vergessen Sie dabei nicht die Stunden für Bereitschaftsdienste bzw. Arbeitsbereitschaften mit zu berücksichtigen, denn beides ist Arbeitszeit! (BAG 29.06.2016, 5 AZR 716/15)
Genauso Arbeitszeit sind die Standzeiten der Taxifahrer*innen (LAG Berlin-Br. vom 30.08. 2018, 26 Sa 1151/17).
Der Arbeitgeber darf die meisten Zuschläge und Prämien sowie unter Umständen Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn anrechnen. Es gibt aber auch Ausnahmen. Nachfolgend eine detaillierte Aufstellung hierzu.
2. Kein Mindestlohn für jede Stunde!
Auch wenn Sie zu den Anspruchsberechtigten laut Mindestlohn-Gesetz gehören (§ 1 MiLoG):
Sie haben nur einen Anspruch auf einen Mindestlohn von DURCHSCHNITTLICH 9,50 Euro brutto je Stunde. Einzelne Arbeitsstunden können also niedriger bezahlt werden ohne das ein Verstoß gegen das Mindestlohn-Gesetz vorliegt! (ständige Rechtsprechung des BAG)
Frau Mustermann hat im Februar 2019 insgesamt 160 Stunden gearbeitet.
Ihr Gehalt je Stunde betrug 8 Euro brutto; liegt also unter dem Mindestlohn von 9,19 Euro je Stunde brutto im Jahr 2019.
Das Grundgehalt betrug im Februar 2019 insgesamt 1280 Euro (160 Stunden x 8 Euro).
Frau Mustermann hat im Februar 2019 noch folgende Zulagen erhalten:
10 x Überstundenzuschlag = 20 Euro
Anwesenheitsprämie = 60 Euro
Qualitätsprämie = 60,40 Euro
Daneben hat sie noch Urlaubsgeld zu 1/12 erhalten = 50 Euro
Die Auszahlung der Zulagen und des Urlaubsgeldes erfolgte endgültig und ohne Widerrufsvorbehalt.
Nur mit Hilfe der Zulagen und des anteilig ausgezahlten Urlaubsgeldes kommt Frau Mustermann auf ein durchschnittliches Stundengehalt von 9,19 Euro (1280 Euro + 190,40 Euro/160 Stunden).
Wenn Sie mit den Ausführungen nicht zurecht kommen oder noch Fragen haben – sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.
3. Welche Zulagen und Prämien sind auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar? Welche Zulagen und Prämien sind nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar?
Die Rechtsprechung hat so fast jede Zulage, die Sie erhalten, als anrechenbar definiert (siehe obiges Beispiel). In der juristischen Terminologie nennt sich das dann „umfassender Entgeltbegriff“. Selbst Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind unter Umständen anrechenbar.
Es gibt aber auch Ausnahmen. Schauen Sie deshalb bitte in nachfolgender Aufstellung nach oder sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen gerne weiter.
1. Zuschlag für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit
Alle anrechenbar (BAG 25.05.2016, 5 AZR 135/16).
Auch die Berechnungsgrundlage für die Zuschläge darf unter Mindestlohn liegen (oft steht z.B. in Arbeitsverträgen, dass die Zuschläge z.B. 25 Prozent vom Stundenlohn betragen. Auch hier darf der Stundenlohn unter Mindestlohn liegen; Beispielweise 25 Prozent Überstundenzuschlag von 8 Euro Stunden-Lohn).
Einzige Ausnahme: wird per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag bei den Zuschlägen auf den tatsächlichen Stundenverdienst Bezug genommen, ist die Höhe des Mindestlohns die Berechnungsgrundlage (vgl. BAG 20.09.2017, 10 AZR 171/16, RN 30)
2. Nachtarbeitszuschlag
Hier ist zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber den Nachtarbeitszuschlag als freiwillige Zulage zahlt, oder ob die Zahlung aufgrund der Verpflichtung des § 6 V des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) erfolgt.
freiwillige Zulage
Anrechenbar.
Auch die Berechnungsgrundlage für den Nachtarbeitszuschlag darf unter Mindestlohn liege.
Einzige Ausnahme: siehe unter Zuschlag für Überstunden
Verpflichtung aus § 6 V ArbZG
Nicht anrechenbar. (BAG 20.09.2017, a.a.O. RN 13)
3. Weihnachtsgeld, Jahressonderzahlung
Anrechenbar (BAG 25.05.2016, 5 AZR 135/16).
Die Zahlung darf allerdings nicht unter Vorbehalt und widerruflich erfolgen (z.B. Zahlung im November des laufenden Jahres mit Rückzahlungsvorbehalt, wenn die Mitarbeiterin im nächsten Jahr z.B. vor dem 01. April ausscheidet). Falls dies der Fall sein sollte, ist die Zahlung nicht anrechenbar.
4. Urlaubsgeld, Jahressonderzahlung für Urlaub
Achtung: Verwechseln Sie diese Leistung nicht mit der Lohnfortzahlung im Urlaub. Urlaubsgeld ist eine Leistung auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht und die Sie zusätzlich erhalten.
Hier ist zu unterscheiden wie die Auszahlung des Urlaubsgeldes erfolgt:
nicht anrechenbar, wenn
– mit Widerrufsvorbehalt gezahlt wird
oder
– die Auszahlungshöhe abhängig von den genommenen Urlaubstagen ist
Anrechenbar, wenn
alle nachfolgenden Punkte erfüllt sind:
– es muss zu 1/12 je Monat unabhängig vom genommen Urlaub ausgezahlt werden
– Auszahlung erfolgt unwiderruflich und ohne Vorbehalt
– es muss festgeschrieben sein, dass es für Monate ohne Entgeltanspruch kein Urlaubsgeld gibt (BAG 25.05.2016, 5 AZR 135/16, Rn 33)
Auch die Berechnungsgrundlage für die Höhe des Urlaubsgeldes darf unter Mindestlohn liegen (oft steht z.B. in Arbeitsverträgen, dass das Urlaubsgeld z.B. 50 Prozent des „vereinbarten Entgelts“ beträgt. Auch hier darf der Stundenlohn unter Mindestlohn liegen).
5. Urlaubsentgelt (Lohnfortzahlung im Urlaub)
Achtung: Verwechseln Sie diese Leistung nicht mit dem Urlaubsgeld (siehe vorheriger Punkt). Auf die Lohnfortzahlung während des Urlaubs besteht ein gesetzlicher Anspruch.
Nicht anrechenbar (BAG 20.09.2017, a.a.O.)
Die Höhe der Zahlung während des Urlaubs darf nicht unter Mindestlohn liegen.
6. Feiertage (Lohnfortzahlung bei Feiertagen)
(Achtung: Verwechseln Sie diese Leistung nicht mit dem Zuschlag für Feiertagsarbeit (siehe weiter oben). Auf die Lohnfortzahlung bei Feiertagen besteht ein gesetzlicher Anspruch.)
Nicht anrechenbar (BAG 20.09.2017 10 AZR 171/16).
Die Höhe der Zahlung während des Feiertags darf nicht unter Mindestlohn liegen.
Feiertagszuschlag: siehe weiter oben.
7. Vermögenswirksame Leistungen
Nicht anrechenbar (BAG 16.04.2014, 4 AZR 802/11: das Urteil erging zwar zu einem Mindestlohntarifvertrag; die Begründung trifft aber auf das MiLoG genauso zu.)
8. Prämien
Prämien sind grundsätzlich anrechenbar, soweit der AG nicht unter Vorbehalt zahlt (eine Rückforderung durch den AG bzw. Rückzahlung durch den AN darf also nicht mehr möglich sein).
Allerdings gibt es auch hier Besonderheiten. Deshalb haben wir einzelne Prämien aufgelistet:
a) Anwesenheits-(„Immerda-Prämie“), Treue-, Ordnungs-, Sauberkeitsprämie
alle anrechenbar (BAG 08.11.2017, 5 AZR 692/16; BAG vom 22.03.2017, 5 AZR 424/16) auch wenn Prämie bei Krankheit gekürzt wird, allerdings muss eine Rückforderung ausgeschlossen sein (siehe Einleitung); bei Kürzung anrechenbar nur in tatsächlich ausgezahlter Höhe
b) Prämien, die quartalsweise ausgezahlt werden
Anrechenbar (BAG 06.09.2017, 5 AZR 441/16), bei quartalsweiser Zahlung aber nur im Monat der Zahlung anrechenbar!
Im entschiedenen Fall ging es um eine Nähprämie, die quarteilsweise ausgezahlt wurde.
Eine theoretische, rechnerische Aufteilung des AG auf 3 Monate, ohne dass tatsächlich jeden Monat 1/3 der Prämie ausgezahlt wird, dürfte nicht zulässig sein.
Häufig gestellte Fragen zum Mindestlohn
Keinen Mindestlohn erhalten:
– Personen in einer Berufsausbildung
– ehrenamtlich Tätige
– Langzeitarbeitslose nach § 18 Absatz 1 des SGB 3 in den ersten sechs Monaten
– unter 18jährige, wenn sie über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen
– zu Praktikanten siehe folgende Frage
Wer das alles selber nachlesen möchte: steht im § 22 des MiLoG
Ja, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind, ein freiwilliges Praktikum machen und dies länger als drei Monate dauert.
Nein, wenn Sie ein verpflichtendes Praktikum machen oder das Praktikum nicht länger als drei Monate dauert.
Auch keinen Mindestlohn gibt es bei Einstiegsqualifizierung nach § 54a des SGB 3 oder bei einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes.
Für unter 18jährige gilt folgendes: Liegt eine abgeschlossene Berufsausbildung vor und machen die Minderjährigen ein freiwilliges Praktikum, das länger als drei Monate dauert, besteht ein Anspruch auf den Mindestlohn.
Der Mindestlohn in netto ist von Person zu Person verschieden und hängt u.a. von der Steuerklasse ab.
Deshalb wird der gesetzliche Mindestlohn nur in brutto je Stunde angegeben (zur Zeit 9,19 Euro/Stunde). Von diesen Betrag werden die Sozialversicherungsbeiträge und die Steuer abgezogen (Ausnahme bei den Mini-Jobs).
Sie können ihren Mindestlohn selbst ausrechnen. Gehen Sie dabei wie weiter oben beschrieben vor, um Ihr Brutto-Monatsgehalt zu berechnen. Dieses Gehalt geben Sie dann in einen kostenlosen Gehaltsrechner ein. So erhalten Sie ihren Netto-Mindestlohn.
Oder Sie fragen uns. Wir helfen Ihnen gerne.
Im Jahr 2020 erhöht sich der Mindestlohn auf 9,35 Euro brutto je Stunde. Im gleichen Jahr beschließt die Mindestlohnkommission bis zum 30.06. ggf. eine Anpassung des Mindestlohn für die Jahre danach.
Die Bundesregierung legt die Höhe des Mindestlohns durch Rechtsverordnung fest. Sie ist dabei nicht auf die Zustimmung des Bundesrates angewiesen. Auch muss die Bundesregierung dem „Beschluss“ der Mindestlohnkommission nicht folgen (§ 11 MiLoG).
Die Bundesregierung hat also das letzte Wort was die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns angeht.
Der gesetzliche Mindestlohn ist umfassend im „Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns“ (MiLoG) geregelt.
Dort steht beispielsweise wer einen Anspruch auf den Mindestlohn hat , wer die Höhe des Mindestlohns fest legt und kontrolliert (§§ 1 und 14 MiLoG ) und welche Strafen dem Arbeitgeber drohen, wenn er keinen Mindestlohn zahlt (§ 21 MiLoG ).
Das Gesetz trat am 01.01.2015 in Kraft und startete mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Stunde in den Jahren 2015 und 2016.
Nein. Dabei wäre es dringend notwendig, dass Solo-Selbstständige einen (eigenen) Mindestlohn erhalten.
Denn in Deutschland arbeiteten ca. 580.000 Solo-Selbstständige zu unter 8,50 Euro/brutto die Stunde bzw. 1,2 Millionen Solo-Selbstständige zu unter 11 Euro/brutto die Stunde (nach DIW Wochenbericht 36/2015; siehe dazu auch unsere Forderungen) .
Auch ist die Scheinselbstständigkeit unter den Solo-Selbstständigen sehr hoch.
In vielen Fällen leider nein! Selbst bei Vollzeitarbeit reicht der gesetzliche Mindestlohn in vielen Fällen nicht aus, um aus dem Hartz4-Bezug raus zukommen.
So hätte beispielsweise in München ein Single bereits im Jahr 2015 in der Stunde 11,50 Euro verdienen müssen, um aus dem Hartz 4 Bezug raus zu kommen. Bei kinderreichen Familien reichte selbst das nicht (Süddeutsche Zeitung Online „Warum der Mindestlohn in München nicht hilft“ vom 20.12.2015, abgerufen am 04.01.2017).
Das der Mindestlohn in Deutschland sehr niedrig ist, sieht man auch beim internationalen Vergleich: Berücksichtigt man neben der Höhe des Mindestlohns auch die Lebenshaltungskosten eines Landes, fällt Deutschland weit zurück. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung geht in Deutschland für das Jahr 2017 von einem „nicht existenzsichernden Armutslohn“ aus.
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber keinen Mindestlohn zahlt?
Informieren Sie uns! Gerne prüfen wir auch noch mal Ihre Abrechnungen, ob Ihnen eventuell ein Fehler unterlaufen ist.
Ansonsten helfen wir Ihnen gerne den Mindestlohn einzufordern.
Anspruch auf den Mindestlohn kann nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden (§ 3 MiLoG) Insbesondere sind Klauseln in Arbeits- oder Tarifverträgen unwirksam, wenn sie den den Anspruch auf Mindestlohn bzw. seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen.
Haben Sie bzw. Ihr Arbeitgeber für ein anderes Unternehmen (Auftraggeber) gearbeitet? Der Auftraggeber haftet auch für eine (rechtzeitige) Zahlung des Mindestlohns! Dies ist im § 13 MiLoG bzw. § 14 AEntG geregelt.
Informieren Sie die Zollverwaltung!
Arbeitgeber, die den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlen, können mit einem Bußgeld mit einer Höhe bis zu 500.000 Euro(!) bestraft werden.
Die gleiche Strafe droht u.a. dem Auftraggeber, wenn er ein Unternehmen beauftragt, von dem er „weiß oder fahrlässig nicht weiß„, dass dieses den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.
Wenn Sie mit den Ausführungen nicht zurecht kommen oder noch Fragen haben – sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.
Bearbeitungsstand: März 2021