Mindestlohn: Deutschland nur auf Platz 17

Im internationalen Vergleich der Mindestlöhne belegte Deutschland im Jahr 2017 nur Platz 17 von insgesamt 26 Ländern; weit abgeschlagen hinter Staaten wie Rumänien, Litauen und Ungarn. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, das die Mindestlöhne und Gehälter von 26 Staaten auf Grundlage der OECD Einkommens-Datenbank ausgewertet hat.

Deutschland nur bei nominaler Betrachtung gut

Wie ist das möglich? Es heißt doch immer Deutschland hat einen der höchsten Mindestlöhne weltweit. Ja, aber nur wenn man ausschließlich die nominalen Mindestlöhne betrachtet, also ohne Berücksichtigung von Lebenshaltungskosten und relativen Wert des Mindestlohns.

Berücksichtigt man die Lebenshaltungskosten und den relative Wert des Mindestlohns, fällt Deutschland im Ranking weit zurück.

Der relative Wert des Mindestlohns wird mit dem sogenannten Kaitz-Index gemessen. Dieser gibt an, wie viel Prozent des Median-Lohns eine Person mit Mindestlohn verdient.

Ein Beispiel: Nehmen wir an im Land xy beträgt der Mindestlohn 10 Euro/Stunde und der Median-Lohn 19 Euro/Stunde. Dann beträgt der Kaitz-Index 52,63 Prozent (10 Euro geteilt durch 19 Euro mal 100 oder allgemein ausgedrückt: Mindestlohn geteilt durch Median-Lohn mal 100). In diesem Beispiel verdient die Person somit 52,63 Prozent des Median-Lohnes (52,63 Prozent von 19 Euro/Stunde).

Nicht existenzsichernder Armutslohn

Deutschland kam im Jahr 2017 auf einen Kaitz-Index von 47,8 Prozent. Liegt der Kaitz-Index unter 50 Prozent, geht man von einem nicht existenzsichernden Armutslohn aus.

Frankreich hatte einen Kaitz-Index von 61,8 Prozent und belegte damit Platz 2 von 26 Ländern. Um mit Frankreich gleichzuziehen, hätte im Jahr 2017 der Mindestlohn in Deutschland 11,43 Euro/Stunde* betragen müssen.

Das wäre nicht nur eine spürbare Verbesserung für über vier Millionen Menschen mit Mindestlohn gewesen und hätte die Binnennachfrage deutlich gestärkt. Es hätte auch die Finanzlage der Kommunen erheblich verbessert, denn gerade in den teuren Großstädten und Ballungszentren haben sehr viele Menschen mit Mindestlohn einen Anspruch auf ergänzende Hartz 4 Leistungen, für die die Kommunen mit aufkommen müssen.

* eigene Berechnung Faire Arbeit e.V.: Bei einem Kaitz-Index von 47,8 Prozent betrug der Median-Lohn in Deutschland circa 18,50 Euro/Stunde (100 mal 8,84 Euro geteilt durch 47,8). 61,8 Prozent von 18,50 Euro/Stunde ergibt 11,43 Euro/Stunde.

Quelle:
WSI Report Nr. 46, WSI-Mindestlohnbericht 2019, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung

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