Zeitarbeit: Kampf für gleichen Lohn geht in die zweite Runde

 

Die ZDF Sendung „Die Anstalt, Prof. Wolfgang Däubler und LabourNet Germany haben im Jahr 2017 eine Kampagne für gleichen Lohn in der Zeitarbeitsbranche gestartet. Öffentlich wurde zu Klagen auf gleichen Lohn gegen Zeitarbeitsfirmen aufgerufen und gleichzeitig juristische Betreuung, Vermittlung von fachkundigen Rechtsanwälten sowie ggf. eine finanzielle Unterstützung für die Klage angeboten.

 

42% weniger Lohn

Im Schnitt verdienen Zeitarbeitnehmer*innen 42% weniger als die Stammbelegschaft. Als Helfer*in waren dies 1.543 Euro brutto in Vollzeit (weitere Verdienstunterschiede siehe hier).

Der mühsame Kampf für Gerechtigkeit geht nun in die zweite Runde: die Klagen vor den Arbeitsgerichten Aschaffenburg und Gießen wurden beide abgewiesen. Im „Gießener Fall“ ist bereits Berufung eingelegt, für Aschaffenburg ist sie geplant.

Im Kern geht es um die Frage, ob die von den DGB-Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge, die erst eine schlechtere Bezahlung der Leiharbeitnehmer*innen möglich machen (siehe hierzu weiter unten), im Einklang mit den Leiharbeitsrichtlinien der EU stehen.

 

Verstoßen Tarifverträge gegen die EU-Leiharbeitsrichtlinie?

Prof. Däubler bezweifelt dies, den nationales Recht muss EU richtlinienkonform ausgelegt werden. Die EU-Leiharbeitsrichtlinie erlaubt zwar ein Abweichen vom Grundsatz der gleichen Bezahlung per Tarifvertrag; es muss aber der mit der Richtlinie bezweckte „Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer*innen“ erhalten bleiben. Und noch einen Gesamtschutz in Tarifverträgen zu erkennen, die nur zu Lasten der Leiharbeitnehmer*innen gehen, bedarf schon einer Menge Fantasie.

 

Sie können helfen!

Nach wie vor werden Spenden dringend gebraucht. Wer die Zeitarbeiter*innen unterstützen möchte (fast alle benötigen diese, da aufgrund der schlechten Bezahlung kein „finanzielles Polster“ für eine Klage besteht) – der  gemeinnützige Verein Labournet.de e.V. hat hierfür ein Spendenkonto eingerichtet:

GLS Bank, Konto 40337 39600, Bankleitzahl: 43060967, IBAN DE76 4306 0967 4033 7396 00, BIC: GENODEM1GLS, Betreff: EUGH-KLAGE

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass mehr Spenden eingehen sollten, als letztlich insgesamt für die Klagen benötigt werden, werden die restlichen Spendengelder – öffentlich dokumentiert – für weitere Aufklärung und Kampagnen zum Thema Leiharbeit eingesetzt (siehe auch hier).


Leiharbeit – schlechte Bezahlung nicht trotz, sondern wegen Tarifvertrag!

Leiharbeitnehmer*innen haben einen gesetzlichen Anspruch (!) auf gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaft. Im „Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG)“ ist dies im Paragraf 8 rechtlich verbrieft. Unter § 8 Absatz 1 AÜG heißt es:

Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz).

Allerdings hat der Gesetzgeber im gleichen Gesetz den Tarifvertragsparteien (und sonst keinem) ein Abweichen vom Gleichstellungsgrundsatz erlaubt! Hätten einige DGB-Gewerkschaften also keinen Tarifvertrag für die Leiharbeitnehmer*innen abgeschlossen, würden alle Leiharbeitnehmer*innen den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten.


 

Weitere Informationen über die Kampagne gibt es hier.

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